Donald Trump.

Trump hin,  Trump her.  Zugegeben:  ein komischer Kerl. Wohl ein typischer Fall von einem Mann,  dem sich das gesunde Selbstbewußtsein nicht aus seinem Innersten erschließt.  Er wird von vielen für nicht voll genommen.  Der Mann wirbelt viel Staub auf,  unglaubliches Kopfschütteln ist mutmaßlich das Geringste,  was er bewirkt.

Ist das aber wirklich alles?

Seit Trump verzeichnen wir ein eindrucksvolles Aufblühen der amerikanischen Demokratie. Sie kämpft. Das bedeutet gleichzeitig:  sie lebt.  Die aus der Reihe tanzende, tatsächlich urkomisch wirkende amerikanische Exekutive wird in den letzten drei Monaten regelmäßig von der Judikative gemaßregelt und in die Schranken gewiesen. Es ist ein Kampf, wie es sich für eine lebendige  Demokratie ziemt, es sind Mini-Sternstunden demokratischer Gesinnung.  Ein unbedeutender Nobody-Richter aus der tiefsten amerikanischen Provinz kann den Präsidenten in die Schranken weisen. Chapeau!

Es stünde westeuropäischen Demokratien auch gut, eine derart selbstbewußte Judikative zu haben.

In Demokratien ist die Exekutive tagesformabhängig,  sie ist vor allem unter gnadenlosem Zeitdruck und von vielen Faktoren beeinflusst, die ihr nicht gut tun. Machen wir uns nichts vor: wir alle wissen oft nicht, was wir wollen. Politikern geht es nicht anders.  In komplexen sozialen und politischen Systemen wie den westeuropäischen kann man das, was man will, gar nicht umsetzen. Somit ist vieles, was planvoll wirkt, nichts anderes als nackter Zufall.

Inzwischen erfahre ich aus der Presse von einem Buch, worin im Prinzip ähnliche Gedanken auftauchen. In seiner Recherche „Die Getriebenen“ schildert Robin Alexander, wie in unübersichtlichen historischen Situationen Politik gemacht wird.

Es gruselt einen, wenn man erfährt, dass Gesinnung, Eitelkeiten, Zufälle, alte, noch offene Rechnungen, Umfrageergebnisse, Terminkalender, Absprachen, internationale Diplomatie und vor allem Fernsehbilder einen Wirbel ergeben können, aus dem schließlich staatsmännische Entscheidungen entstehen.

Die Welt, wie sie sich heute darstellt,  ist hochkomplex geworden, hochgeschwind und unprognostizierbar. Unsere Demokratien sind an einem historischen Wendepunkt angekommen, wo wir ein Mehr an korrektiver Judikative bräuchten.

Man beobachtet eindeutige Zeichen der Überforderung der Exekutive.

Wir täten gut daran, über neue Formen modernerer Kontroll- und insbesondere  Korrekturmechanismen nachzudenken,  die die eindeutig nicht selbstverschuldete Überforderung der Exekutive geringstenfalls abzumildern vermögen.

Und es stünde uns gut, den demokratischen Kampf der Exekutive und der Judikative in den USA nicht ab- sondern wertschätzig zu verfolgen.

Es dürfte nicht viel Zeit vergehen,  da könnte auch in Westeuropa ein aus der Reihe tanzender Politiker auftauchen, dem man Paroli bieten muß. Demokratisch.  Mit Verweis auf geltende Gesetze von demokratischem Geist geadelt und alles im Rahmen der freiheitlichen und verfassungsmäßigen Ordnung.

Welche demokratisch legitimierte Institution könnte diese künftig immer unentbehrlich werdende Rolle bei uns übernehmen?

Der historische Moment ist erreicht, da ist ein neues dem Zeitgeist entsprechendes staatsrechtliches und wohl auch staatsethisches Denken dringend von Nöten.