Wie ähnlich sind sich doch manche Bilder in der Geschichte!
Wie wenig bis kaum hat sich über Jahrhunderte der Wesenskern des Menschen verändert!
Welch hohe Wellen schlagen bei unzähligen Zeitgenossen die vor einiger Zeit begonnene weltweite Impfkampagne. Impfbereite bzw. -befürworter und Impfgegner stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Es spielen sich Szenen ab wie im ausgehenden 18. Jahrhundert als erstmals eine Impfung, so wie wir sie heute  kennen, verabreicht wurde: gegen die allerorten wütenden Pocken.
Dass man mit einem Sekret von an Kuhpocken erkrankten Kühen impfte, hat sich im übernationalen Sprachgebrauch niedergeschlagen: Der Begriff Vakzine hat seinen Ursprung im lateinischen Wort „vacca“, also „die Kuh“.
Die Karikatur war in Europa zu jenen Zeiten bereits eine fest etablierte literarisch-zeichnerische Ausdrucksform. Es verwundert nicht, dass Karikaturen mit Impfszenen sehr verbreitet und  durchaus beliebt waren: Greinende Kinder, bedrohliche Kühe, geimpfte Babys, denen Kuhohren wachsen.
Kurzum: den damaligen Menschen war diese wahrlich bahnbrechende medizinische Behandlung schlichtweg unheimlich.
Das gleiche unheimliche Gefühl ist auch heute überall präsent. Das Virus ist für die allermeisten Menschen eher ein Abstraktum. Mit Abstraktionen tun sich Menschen bekanntlich schwer. Eine handfeste Wahrnehmung ist ihnen allemal lieber und beruhigender. Oder eben aufwühlender. Die Wahrnehmungen, die sich zurzeit fröhlich zustimmender oder aggressiv-ablehnender Konjunktur erfreuen, sind die mannigfachen Schutzmaßnahmen. Und die stören. Alle. Sie werden als bedrohlicher empfunden als Covid-19 selbst.
Da wir heute in einer hochgradig narzisstischen Gesellschaft leben gekennzeichnet durch ein permanentes Glücksversprechen für jeden und für alle, fühlt sich jede noch so banale Einschränkung an wie ein Angriff auf unsere Lebensweise. Somit ist nicht wegzudiskutieren: Corona ist so etwas wie eine Betriebsstörung. Eine unzumutbare obendrein. Das Ding da, dieser Winzling vermasselt uns das Ausgehwochenende, das Shoppingerlebnis und natürlich den Trip nach Dubai oder New York!
Dass dieser Missstand nicht schnell möglichst behoben werden kann, kommt einer Kränkung gleich.
Solche Zeiten erfordern ein starkes Nervenkostüm. Starke Nerven fußen auf Gelassenheit und Vertrauen. Einem Ur-Vertrauen gleichsam.
Beides ist unserer Welt weitestgehend abhandengekommen.
Dazu würde Heinz Erhardt grinsend hinzufügen:
„Früher war alles gut, heute ist alles besser.
Es wäre besser, wenn wieder alles gut wäre.“