Gelesen und für gut befunden:
„Wer etwas tut, zerstört es;
Wer etwas festhält, verliert es.
Deshalb, der Heilige Mensch,
Ist ohne Tun und darum ohne Zerstörung.
Ist ohne Festhalten und darum ohne Verlust.
(Tao-Te-King)
Erst beim zweimaligen Durchlesen erschließen sich die Kernbotschaften, die es wahrlich in sich haben! Wie unendlich weit von diesen Botschaften fristet unser europäischer Geist sein Dasein….
Dieser unser Geist von heute ist von einem Winzling bestimmt. Sein vulgär-populärer Name ist Corona und dieses Virus hat vieles an die Oberfläche gespült, die vergessen, ignoriert und/oder verdrängt wurden. Die Tatsachen sind da, sie sind (wieder) greifbar. Der Lauf der Geschichte lässt sich von uns Menschen nicht ins Bockshorn jagen.
Fangen wir mit Deutschland an. Unser Land hat mal wieder die Stunde der Exekutive erlebt. Das ist nichts anderes, als dass einige wenige Personen über das weitere Schicksal von vielen Millionen Individuen entscheiden. In einer historisch sehr kurzen Zeit treffen sie Entscheidungen, die Millionen Schicksale betreffen. Ihnen wird von keiner Seite widersprochen. Die verstörenden Bilder aus den Krankenhäusern benachbarter Länder sowie die epidemiologischen Modellrechnungen einer bestimmten wissenschaftlichen Elite haben jede andere oppositionelle Alternative verstummen lassen. Der mündige, angeblich vom demokratischen Geist erfüllte deutsche Bürger hatte nur noch die Hosen voll, er hamsterte wo, wie und wann es nur ging und die Zustimmung zum Raub aller seiner Grundrechte erreichte Prozentsätze, mit denen früher kommunistische Parteibonzen bei Wahlen beglückt wurden.
Kein Kommentar.
Werfen wir nun einen Blick auf die Europäische Union. Künftigen Studentengenerationen in Geschichte, Politologie und verwandten Studienfächern wird man das Verhalten der europäischen Länder – allesamt Mitgliedstaaten der EU – in der Coronakrise des Jahres 2020 als ein geradezu mustergültiges Beispiel geistigen und politischen Versagens  kommunizieren. Und, dass das zurecht so passieren wird, daran ist nicht zu deuteln.
Wirtschaftlich bleibt so ziemlich alles beim Alten: Der Mammon hält uns Europäer fest zusammen, denn den Ast, worauf wir alle zusammengepfercht hocken, traut sich keiner abzusägen. Aber dem ohnehin kaum wahrnehmbaren europäischen Geist, dem die Rolle erkoren wurde, eine einigende Wirkung auf die kontinentale Vielfalt der Länder auszuüben, diesem Geist hat Corona zwar nicht den Todesstoß so doch eine derart herbe Watschen verpasst, dass dieser in absehbarer Zeit die für solche Fälle zuständige politische Intensivstation nicht verlassen wird.
Kaum war der gefahrbringende Winzling ausgemacht worden, wurden sämtliche Grenzen von sämtlichen europäischen Staaten dichtgemacht.
Leb wohl europäischer Gemeinsinn! Hoch lebe das Nationale!
Kein Kommentar.
Und so könnte ohne Unterlass fortgefahren werden. Pandemien waren nicht selten einschneidende Ereignisse, die dem Weltgeschehen unerwartete Wendungen verabreichten. Die aktuelle geopolitische Großwetterlage macht da keine Ausnahme: Die wichtigen weltpolitischen Akteure sind zurzeit sehr präsent an den bekannten geopolitischen Bruchlinien. Sie sind am Justieren ihrer Interessen. Das beinhaltet z. B. auch ein Nachsinnen über die künftige Bedeutung jetziger kriegerischer Schauplätze. So werden in Bezug auf die große Weltpolitik die zahlreichen Konfliktlinien im Nahen Osten immer mehr und mehr marginalisiert. Zukünftig wird das Schicksal dieser konfliktträchtigen Zone weitestgehend nur noch europäische Belange tangieren. Und diese Belange werden zweifelsohne der erwähnten geopolitischen Marginalisierung zum Opfer fallen.
Die grenzüberwindende Macht und Anziehungskraft der Demokratien und die armutsmindernden Versprechungen der Globalisierung waren die großen Narrative der letzten 2 Jahrzehnte. Dem allem wurde ein gewaltiger Dämpfer verpasst.
Dem Winzling, dem alle Menschen auf Erden dieses Chaos verdanken, könnten jetzt und in der Zukunft Brechts Worte beileibe in den Kram passen:
Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan.
Gehn tun sie beide nicht.