SÜDAFRIKA.

Einmaliger Landstrich.  Mit keinem anderen geographischen Raum unseres Planeten vergleichbar.  Mehr Gegensatz, mehr Unvereinbarkeit, mehr Armut, mehr Reichtum, mehr Schönheit ist zwar vorstellbar, aber nicht in dieser oder ähnlichen sozio-ökonomischen und demographisch-geographischen Form.

Zur Erinnerung:  als Kind und Jugendlicher bin ich mitsamt meiner Generation in dem Bewußtsein sozialisiert worden, dass es nichts Abscheulicheres geben kann, als ein Apartheid-Regime. Der Begriff war und ist die Inkarnation des Bösen schlechthin. Und das gewiß nicht grundlos. Damals zur Zeit des Kalten Krieges waren sich der Westen und der Osten ausnahmsweise und gemeinhin einig in der Beurteilung des südafrikanischen Regimes: verdammenswert. Gleichzeitig haben die ideologischen Wortführer beider Welten paradiesische Verhältnisse für Südafrika prophezeit,  sollte die gekenechtete farbige Bevölkerung an die Macht gelangen.

Ende des vorigen Jahrhunderts ist den Geknechteten dieser lang ersehnte Wunsch in Erfüllung gegangen. Wie wir alle wissen, ist der Traum zur Wahrheit geworden vor allem Dank des unverzagten Kampfes und einer kaum zu überbietenden moralischen Autorität eines außergewöhnlichen Menschen.

Knapp drei Jahrzehnte später ist aus den politischen Verantwortlichen des ANC,  der Partei dieses Außergewöhlichen,  die in Südafrika seit dem Sturz des Apartheid-Regimes das Sagen hat, eine Bande von Kriminellen geworden. Eine Clique randvoll mit krimineller Energie.  Südafrika ist  seit einigen Jahren weitestgehend chancenlos einer bodenlos gierigen schwarzen Elite zum Opfer gefallen. Das Hoffnungsland am Kap der Guten Hoffnung ist zu einer typischen Bananenrepublik, zu einem failed state mutiert mit einem durch und durch verrottetem politischen System.  Sie – die Haudegen des ANC,  der Partei des unvergleichlichen Nelson Mandela, – waren mal Helden.  In den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit:  aufrechte, unerschrockene, somit  bewundernswerte Freiheitskämpfer.  Jetzt sind sie zu Kleptokraten mutiert.  Zu unersättlichen Dieben.

Nun:  an dieser Stelle bitte ich den Leser um wohlwollendes Verständnis für das Pathetische der nächstfolgenden Abschnitte:

Welchen weiteren Beweis benötigen wir Menschen noch, damit wir endlich einsehen, dass das Prinzip Böse sich nicht nur in einzelnen historischen Taten äussert, sondern es ist vielmehr ein nicht zu tilgender Zustand der Conditio Humana?  Wieviele nicht zu leugnende, offensichtliche Beweise aus der Geschichte der Menschheit benötigen wir noch, damit uns klar und bewußt wird, dass das Denken und Entscheiden allein nach menschlichen Maßstäben früher oder später unweigerlich in historischen Sackgassen, nicht selten in Elend und Verderbnis enden?

Wir sollen endlich zugeben, dass es naiv ist, an die moralische Perfektionierung des Menschen zu appellieren. Seit mindestens 2500 Jahren ist es nämlich mehr als klar, was moralisches Handeln ausmacht und was Moral überhaupt von uns Menschen verlangt. Optimierung ist auf diesem Gebiet nicht von Nöten.

Die Frage,  die sich vielmehr aus dieser Perspektive zwingend stellt,  so wie Peter Sloterdijk sie formuliert hat,  ist zweifellos genau so alt wie „die Moral“ selbst:

„Wie kommt es, dass keine, aber auch wirklich keine Infamie lange warten muß,  bis sich jemand findet, der sie begeht?“