Wenn das Sterben und der Tod – meine Mutter ist vor einer Woche gestorben – eine Zeit lang den Alltag bestimmt, benutzen Menschen seit jeher mannigfache, sehr unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Dazu weiter unten. Jeder möge nach seiner Fasson zurechtkommen.
Gläubige Christen – wirklich gläubige, diese Klarstellung muß an dieser Stelle schon sein! – halten es schlicht damit:
„Wenn wir nun traurig sind, bleiben wir nicht alleine.
Wie es uns geht, wie es in unserem Inneren aussieht
Herr, Du weißt es.
Es tut so gut, Dich neben uns zu spüren.
Von Freude sind wir weit entfernt,
das letzte Wort wird unsere Trauer aber nicht behalten.
Es wird ein Wort des Trostes sein. Du wirst es sprechen,
und wir vertrauen Dir.“
Dezente Worte eines Zeitgenossen. Eines Münchner evangelischen Gemeindepfarrers.
Aber: wie weltfremd diese Worte doch klingen! Wie unpassend zu unserer Welt, zu unserem modernen Denken! Wirklich?
Ich persönlich halte es zunächst mit J. S. Bach. Obwohl ich derart Musik äußerst selten höre. Sein lediglich zweiminütiges Eröffnungschoral aus der Kantate „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig“ handelt von der Vergänglichkeit menschlichen Lebens. Da heißt es u.a.:
„Wie ein Nebel bald entstehet und auch wieder bald vergehet. So! So! So! So ist unser Leben, sehet!
Vierfach So, So, So. So vergänglich.
Nebenbei angemerkt: Im Deutschen liest sich LEBEN rückwärts als NEBEL. Zufall?
Kann ich so leben – ohne mich hier zu verbeißen und festzukrallen an Dingen, Personen, Erfahrungen oder sonst was, die sich nicht festhalten lassen?
Kein Mensch ruht in sich selber so sicher, dass er nicht in bestimmten Lebenslagen Beistand brauchte. Viele Lebensfragen lassen sich auf menschlicher Ebene beantworten, aber bei Weitem nicht alle. In diesem Fall hat der Mensch drei Möglichkeiten: rebellieren – verdrängen – vertrauen. Das Buch der Bücher – die Bibel – rät zum Vertrauen.
Wem J. S .Bach zu gestrig-bezopft oder zu entrückt ist, dem empfehle ich Max Frisch, der alles andere denn ein Kind der Traurigkeit war. Folgendes stammt von ihm:
„Gott, der nicht im Mikroskop zu finden war, rückt uns bedrohlich in die Rechnung. Wer ihn nicht denken muß, hat aufgehört zu denken.“