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In der Weltpolitik gehen nun seit der Wahl des „Gottseibeiuns“ Donald Trump zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten die Uhren anders. Mit dem oft realitätsfremden Wunschdenken vieler Politiker ist es jetzt so ziemlich vorbei, es wird auch nicht mehr ausreichen, „Zeichen zu setzen“, wie es im abgedroschenen Politjargon heißt, wenn (Möchtegern) Politiker etwas bewirken wollen, dafür aber jenseits von inhaltslosem und folglich konsequenzlosem Geschwätz nichts tun wollen bzw. nichts tun können.
Ein etwas rüder Wind – ob dieser Wind realistisch oder neoimperialistisch oder sonst wie tituliert wird – weht fortan rücksichtsloser durch die Räume sämtlicher politischen Institutionen und Organisationen der Welt.

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Nach all dem Wokeismus, der die Grundfesten der gesamten westlichen Zivilisation in den letzten 2 Jahrzehnten unterwandert hat, tauchen gut wahrnehmbare Anzeichen eines kulturellen Paradigmenwechsels auf. Mark Zuckerberg, der im Januar 2021 Trump noch den erhobenen Mittelfinger zeigte und den großen Blonden von Facebook und Instagram verbannt hat, schafft im Hau-Ruck-Verfahren die Faktenprüfung ab und redet neuerdings wie ein heterosexueller, alter, weißer Mann von „maskuliner Energie“, die die Unternehmen, sollten sie künftigen Herausforderungen gewachsen sein, dringend benötigen.

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Die Welt und insbesondere Europa darf gebannt auf die künftige Trumpsche geopolitische Doktrin schauen. Trump ist in seinem Denken eher Isolationist und weniger Interventionist, er erinnert hierbei an den vor 200 Jahren regierenden US-Präsidenten James Monroe. Dieser hat dem Kongress im Jahre 1823 seine Vision von der Aufteilung der Welt in Einflusssphären unterbreitet (die Monroe-Doktrin). Trump fokussiert das Weltgeschehen durch die Brille eines Geschäftsmannes. Einflusssphären ja, wenn sie einem erfolgreichen Deal dienlich sind. Steve Bannon – gewissermaßen der Chefideologe der MAGA-Bewegung – lässt keinen Zweifel daran, wie er den ukrainisch-russischen Konflikt einordnet: Er sieht darin nicht den Kampf einer Nation für ihre Unabhängigkeit, sondern den Krieg zweier slawischer Völker, in die sich die USA nicht einmischen sollte. „Es gibt kein vitales Interesse der Vereinigten Staaten an der eurasischen Landmasse, an der Ukraine“, sagt Bannon.
Das lässt allerdings aufhorchen. Kein Interesse an der eurasischen Landmasse? Starker Tobak. Der Umkehrschluss dieser Logik: Darf somit West- und Mitteleuropa geopolitisch von einem Bündnis mit Russland träumen, das die eurasische Landmasse befrieden könnte? Die Idee, einen riesigen eurasischen Zusammenschluss von Lissabon bis nach Wladiwostok zu schmieden, kam in den Jahren nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Welt auf. Sie wurde aber auch sehr schnell wieder verworfen. Auf wessen Druck wohl? Ein derart Bündnis wäre im ureigensten Interesse Europas und Russlands. Aber gewiss nicht im Interesse der Vereinigten Staaten oder anderen aufstrebenden Mächten. Insbesondere ist ein Zusammengehen der wichtigsten Wirtschaftsmacht Europas und Russlands ein absolutes geopolitisches No-Go. Seit mindestens drei Jahrhunderten ist eine enge Freundschaft zwischen Deutschland(früher natürlich Deutsches Reich) und Russland für viele ein geopolitisches Horrorszenario.

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Seit 01.01.2025 ist Peter Leibinger Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Ich zitiere ihn: „Aber was uns in Deutschland im Moment am stärksten fehlt, ist eine Diskussion, die an der Sache orientiert ist. Zum Beispiel wünsche ich mir eine Energiewende, die sich stärker an Grundsätzen der Physik orientiert, weniger an Ideen mancher Thinktanks oder NGOs. Ich möchte eine offene Diskussion darüber führen, mit welchen Technologien wir unsere Ziele am besten erreichen. Der Staat sollte Ziele vorgeben, aber es der Wirtschaft überlassen, den Weg zu finden“.
Oh, là là! Plötzlich wagen sich viele aus ihren Verstecken heraus… Ideologische Scheuklappen werden plötzlich beim Namen genannt. Die Worte des BDI-Präses haben einen klaren Adressaten:
Die aller oberste Etage des deutschen Wirtschaftsministeriums.

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Die letzten Monate des amerikanischen Wahlkampfes anno 2024 hat mehr als deutlich gemacht, welchen Stellenwert politische Loyalitäten aufweisen. Während des Wahlkampfs, als sich abzeichnete, dass Trump mit großer Wahrscheinlichkeit Harris besiegen würde, entschieden zahlreiche amerikanische superreiche Zeitgenossen – bis dahin mit strammer Gesinnung pro Demokratischer Partei – sich Trump zuzuwenden. Bezeichnend war Jeff Bezos` Wechsel. Der milliardenschwere Eigentümer der Washington Post hat schlichtweg seiner Redaktion verboten, sich für die Wahl von Kamala Harris auszusprechen. Bekannt ist die Tatsache, dass die im In- und Ausland hoch angesehene Zeitung traditionell der Demokratischen Partei nahesteht.
Das nennt man unverhohlenen, pragmatischen Opportunismus, der zurzeit einen nicht unerheblichen Teil der amerikanischen Eliten auszeichnet.
So what?
Schon was von „panta rhei“ gehört?
Insbesondere die milliardenschweren Tech-Größen, also die „üblichen Verdächtigen“ sozusagen, haben blitzschnell begriffen, dass es sprichwörtlich besser ist „in Trumps Zelt zu sein und hinauszupissen, als außerhalb des Zelts zu stehen und hineinzupissen“.