Lassen wir mal einen Augenblick, jetzt am Tage, da die Christenheit die Geburt Jesu feiert, die Gedanken schweifen.
Die Völkerkunde, einige mögen das wohl wissen, kennt keine religionslosen Völker, sondern nur verschieden hohe Entwicklungen religiöser Ideen. Es gilt noch immer uneingeschränkt, was der griechische Historiker Plutarch – übrigens ein Zeitgenosse der ersten christlichen Gemeinden – schrieb: „Man kann wohl Städte finden ohne Mauern, ohne Literatur, ohne Könige, ohne Häuser, ohne Schätze, ohne Münze, ohne Theater, ohne Ringschulen, aber eine Stadt ohne Heiligtum und ohne Gottheit hat noch niemand gesehen und wird niemand sehen.“
Offenbar ist der Mensch ein Gottsucher. Tatsache ist auch, dass selbst dann, wenn der Einzelne an keinen persönlichen und überweltlichen Gott glaubt, er aus seiner inneren Beschaffenheit her gläubig ist. „Alles, woran du dein Herz hängst“, so Martin Luthers Bekenntnis, „das ist dein Gott“.
Der Mensch als Gottsucher versucht seit uralten Zeiten, diesen zu suchenden Gott menschlich zu begreifen und sich ihm dadurch zu nähern. Der wahre Gott lässt sich indessen nie und nimmer menschlich konzipieren.
Aus dieser Erkenntnis hat das jüdische Volk – und das seit Moses – Folgerungen von zeitloser Tragweite gezogen. Sie brachten menschliche Unabhängigkeitsgefühle und -bestrebungen in eine heilige Abhängigkeit von Gott. Hier dokumentiert sich zum ersten Mal in der Weltgeschichte der Begriff der Einordnung und Unterordnung in Freiheit und Freiwilligkeit. Hierbei möge man den kleinen aber feinen Unterschied zwischen Unterordnung und Unterwerfung nicht übersehen!
Durch sein Leben und Wirken auf Erden hat Jesus von Nazareth DEN WEG aufgezeigt, den zu beschreiten sich zweifelsohne lohnt, um dem Schöpfer näherzukommen.
Wer sich ernsthaft und redlich die Mühe nimmt, diesen Jesus aus jenem damals wie heute unscheinbaren galiläischen Kaff näher kennenzulernen, wird schnellstmöglich begreifen, wie unsagbar wichtig ihm das Verständnis eines heilsamen Zusammenspiels obiger Begriffspaare Einordnung/Unterordnung bzw. Freiheit/Freiwilligkeit bedeuteten.
In diesem, und nur in diesem Sinne: es weihnachtet sehr!
Hoffentlich.