Der große Blonde im Weißen Haus ist ergraut. Von Gram verzehrt.
So wollen uns die Medien weismachen. Es könnte tatsächlich was dran sein.
Game over.
Seine Hinterlassenschaft ist ein blutendes Land, eine beschädigte Demokratie, eine unklare Zukunft.
Er war kein kluger Boss: Klug sein bedeutet unter anderem die Wahrheit so auszusprechen, dass sie nicht zerstört, sondern aufbaut. Es ist vielen von uns bewusst: Der große Blonde ist nicht die Ursache des Niedergangs demokratischer Usancen, sondern die unmittelbare Folge davon.
Demokratisches Selbstverständnis war und ist ein zartes Pflänzchen. Es wurde im Laufe der Geschichte oft zertreten, herausgerissen und auch verbrannt. Indes: Bis dato ist dieses zarte Geschöpf nicht totzukriegen.
Und das wird eine Weile auch so bleiben. Gleichwohl: Risiken und Bedrohungen sind an allen Ecken und Enden auszumachen. Eine der wirkmächtigen Gefahren lauert aber im Bereich des Individuellem schlechthin. Sozusagen im Herzen eines jeden von uns.
In einer Demokratie bestimmen wir alle, wie demokratisches Selbstverständnis letztendlich zum Ausdruck kommt. Wie das so immer in der Geschichte gewesen ist: wenn der Mensch sich zur entscheidenden Instanz und dem allein gültigen Maßstab aufschwingt, wird alles, auch dieses Selbstverständnis, seines edlen ursprünglichen Innersten beraubt.
Der Begriff Demokratie nämlich hat ein nicht zu unterschätzendes pseudonymisches Potenzial. Er ist eigentlich eine Deckbezeichnung für Strukturen der kalten Machtausübung, die man sofort verwerflich fände, wenn man sie beim wahren Namen riefe. Als da wären: Plutokratie, Phobokratie, Fiskokratie und insbesondere Oligokratie. Letzterer Begriff ist das große Betriebsgeheimnis politischer Strukturen, die sich als demokratisch ausgeben. „Hoi Oligoi“ heißen im Altgriechischen die wenigen.
Die Welt – daran ist nicht zu deuteln – war und ist oligokratisch organisiert, sie gehört den wenigen, nicht den vielen. Demokratien machen da keine Ausnahme.
Der große Blonde hat das wie kaum ein anderer Zeitgenosse verinnerlicht und in die politische Realität umgesetzt.
Unter seinem Regiment hat das zarte Pflänzchen maßlos gelitten. Die Zukunft des Pflänzchens steht auf der Kippe. Nichtsdestotrotz: Auf die Selbstheilungskräfte demokratischer Gesinnung ist jedenfalls (noch!) Verlass. Man kann das allerdings auch anders interpretieren. Nämlich zynisch:
Politik war und ist in den meisten Gesellschaften und zu allen Zeiten ein Sumpf. Bekanntlich lässt das Phänomen Sumpf abrupte Bewegungen seltenst zu…
Demokratische Gesinnung lebt wie so vieles im menschlichen Dasein vom Prinzip des Trial-and-Error. Sie ist dazu verurteilt, sich permanent zu verändern, ansonsten droht das Versinken in Ritualen. Demokratie lebt von der Rechtstreue und Disziplin ihrer Bürger. Noch mehr aber von ihrer Frustrationstoleranz.
Was den großen Blonden anbelangt:
Hoffentlich taucht er für immer ein in die milde Dämmerung der Geschichte.
Und wir alle, die ihn erlebt haben, werden ihn womöglich nur in einem etwas skurrilen Kontext in Erinnerung behalten:
Im Zusammenhang mit dem zeitlosen Charme der Dummheit.