Über die politischen Ereignisse in Thüringen wurde bis dato viel geschrieben und viel gesprochen. Man ist letztendlich außer Stande, neue Aspekte hinzuzufügen und das Gefühl beschleicht einen, dass im Zusammenhang mit dem ominösen Wahlausgang alles schon gesagt wurde.
Ich teile die Freude mit unzähligen Mitbürgern darüber, wie schnell und zumeist angemessen viele Zeitgenossen reagiert haben. Beeindruckt haben mich die zwei Bilder, die um die Welt gingen:
Hitler in Verneigung vor Hindenburg. Höcke vor Kemmerich. Angeblich sind die Bilder im Web keine 30 Minuten nach Höckes Verneigung erschienen! Das alles zeugt davon, dass Deutschlands Bürger klug und wachsam sind, dass sie auf der Hut sind.
Das ist auch bitter nötig.
Der Preis der Freiheit ist Wachsamkeit. Ununterbrochene Wachsamkeit. Die Fragilität jeder Demokratie ist ein historisches Faktum, die Möglichkeit des Scheiterns ist in jeder Demokratie implementiert. Dabei muss allen demokratisch gesinnten Bürger klar sein: Jede Demokratie muss in erster Linie vor den eigenen Leuten geschützt werden. Die amerikanische Demokratie muss vor Amerikanern geschützt werden wie die deutsche vor den Deutschen.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen des Westens kennen nichts anderes als Frieden, Wohlstand und Demokratie und nehmen das als gegeben. Es gibt viele von ihnen, die glauben, die Geschichte selbst bewegt sich zwangsläufig hin zu einem Endzustand voller Frieden und Wohlstand, zu Freiheit und befriedigenden demokratischen Verhältnissen, zu mehr segenbringender Globalisierung und mehr Vernunft.
Das nennt man naives Denken.
Wer da glaubt, dass Fortschritt unausweichlich ist, entwickelt Apathie. Eine derartige Tendenz zu einer trägen politischen Indolenz bedeutet die größte Gefahr für die Demokratie.
Egal welche politischen Schattierungen Autokratien aufweisen, ob sie nun im linken oder im rechten politischen Spektrum verortet sind: Die historische Erfahrung ihrer Schicksale weist in eine deutliche Richtung: Ihre Überlebenschancen sind meistens gering, ihr Ende ist nicht selten roh, abrupt und blutig.
Bei – vermeintlich – gefestigten Demokratien sieht es indes anders aus. Ihr Dahinsiechen erstreckt sich oft über mehrere Generationen. Demokratien werden von der Geschichte nicht weggefegt.
Sie verfallen.
Nach dem zwingenden Warum sollte man lieber nicht fragen. Hegel würde da zuvorderst den Begriff der Systemimmanenz bemühen. Ist aber für die heutige Welt total uninteressant. Denn es hat mit Bildung zu tun. Und über Bildung zu sinnieren, ist heutzutage rückschrittlich. Nicht Bildung, allein Ausbildung zählt.
Demokratien sterben einen langsamen und qualvollen Tod.