Dem allgemeinen – echten oder aufgesetzten – Verdruß über Kevin K., dem Jungsozialisten, kann ich mich nicht voll anschließen. Gleichwohl ich Kommunismus mehr als zwei Jahrzehnte hautnah erlebt habe.
„Wer in jungen Jahren nicht Kommunist ist, hat kein Herz“. So etwa soll ein Bonmot von Churchill lauten. Möglich sind auch andere Urheberschaften, als da wären B. Croce oder G.B.Shaw, aber sie alle sind in diesem Fall irrelevant.
Wie dem es auch sei: mir sind junge Menschen mit utopisch-idealistischen Vorstellungen allemal lieber als Gleichaltrige mit aalglatt-merkantilistischem Ansinnen.
Die Wertvorstellungen der Linken sind ein Abklatsch urchristlicher Ideale. Niemand kann mehr links denken und leben als der Mann aus Nazareth. Niemand kann ernsthaft gegen Gerechtigkeit oder beglückenden Lebensformen sein, die allen zugute kämen. (Das schaffen selbst die Rechten semantisch nicht). Aber um diese Ideale in einer Gesellschaft durchzusetzen, braucht man unbestrittene autoritäre Möglichkeiten, weil die Verhältnisse, die das menschliche Zusammenleben definieren, immer widerspenstiger sind, als man sich das vorgestellt hat.
Dazu einige, wie ich finde, nette Anmerkungen:
Man schreibt das Jahr 1835. In der Abiturprüfung verfasst ein junger Mann einen Aufsatz im Fach Religion. Er schreibt unter anderem:
„Sobald ein Mensch diese Vereinigung mit Christo erlangt hat, wird er still und ruhig die Schläge des Schicksals erwarten, mutig dem Sturm der Leidenschaften sich gegenüberstellen, unerschrocken die Wut des Schlechten ertragen; denn wer vermag ihn zu unterdrücken, wer vermag ihm seinen Erlöser zu rauben?“ Der junge Mann versucht sich also in den gedanklichen Fußspuren des Nazareners. Schon bald genügt ihm der Glaube aber nicht mehr. Sein brillanter Intellekt versucht nicht weniger, als durch extrem linkes, also kommunistisches Gedankengut in höchster Vollendung den Weg zu paradiesischen Verhältnissen auf Erden zu ebnen. Mehrere Vorfahren des jungen Mannes waren hoch angesehene Rabbiner mit Namen wie Moses, Isaak oder Joshua. Der Abiturient, der ein exzellentes Examen hinlegt, das heute übrigens niemand mehr bestehen würde ob der Stoffmenge und den knallharten Anforderungen wegen, trug – das Wieso ist in diesem Zusammenhang unerheblich – einen alltäglichen deutschen Namen und war kein geringerer als Karl Marx.
Er ist sich letztlich treu geblieben: urchristliches Gedankengut und Marxismus schließen sich prinzipiell nicht aus, der unvereinbare Unterschied liegt in der Methodik und dem Instrumentarium des Durchsetzens.
„Wer mit 40 noch immer Kommunist ist, hat keinen Verstand“.
Das eingangs genannte Bonmot – egal wem nun die Urheberschaft gebührt – muß mit diesem Zusatz vervollständigt werden. Es gehört sich so, da beide Aussagen tatsächlich zusammen gehören.
Nun verrät der Zusatz, dass die Menschheit bereits über vielfache aber keineswegs erstrebenswerte Erfahrungen mit marxistischen Herrschaftsformen verfügt. Diese universellen Erfahrungswerte fehlten Marx.
Somit stellt sich lediglich die Frage: in welches geistige und politische Fahrwasser wird es künftig den Jungsozialisten K. verschlagen?
Vielleicht nimmt er den Weg des von ihm verehrten Meisters.
In umgekehrter Richtung.