Es brodelt in der Welt. Überall. Zur Zeit unerwartet hitzig auch in Westeuropa und in unserer Heimat.
Heimat? Warum klingt dieser Begriff so sonderlich und merkwürdig?
Ich bin manchmal – gebe ich übrigens gerne zu – des Schreibens müde. Unbemerkt und leise stellt sich ein Empfinden für die obligate Vergänglichkeit und Vergeblichkeit meines Tuns ein. Dann habe ich auch keinen Bock mehr, historische Zusammenhänge herauszuschälen. Und ich verspüre auch keine Lust mehr, den großen historischen Bogen zu spannen. In solchen und ähnlichen Momenten werde ich mich künftig vielleicht auf das Aphoristische verlegen. Der Fundus an Aphorismen in der menschlichen Geistesgeschichte ist unerschöpflich. Aphorismen haben was Friedfertiges und Beruhigendes an sich, weil sie aus dem immensen Weisheitspool, den sämtliche Generationen seit Menschengedenken angelegt haben, schöpfen. In diesen unsteten und orientierungslosen Zeiten wie die gegenwärtigen sind sie Balsam für den rastlos-umtriebigen Moment menschlicher Existenz.
Nun: zurück zum Begriff der Heimat.
„Grüß Gott“ heißt es in Bayern. „Grüezi“ bei den Eidgenossen. Es sind Verkürzungen von „Gott grüße Dich“. Noch eindrucksvoller ist der klangvolle Gruß „Allegra“ im Engadin und den rätoromanischen Sprachinseln der Schweiz. Eine Verkürzung von „Dieu t`allegra“. Übersetzt: Gott möge dich erfreuen.
Das gegenseitige Grüßen wird heute in weiten Teilen unserer Gesellschaft nicht mehr praktiziert. Es wohnen Leute Tür an Tür. Haus an Haus. Es wird nicht mehr gegrüßt. Insbesondere grüßen Kinder und Jugendliche nicht mehr.
Schade. Welch ein Verlust an sozialem Kitt und des simplen Ausdrucks gegenseitiger Wertschätzung.
Wenn auch einer förmlichen.
Einige nennen so was Fortschritt. Andere lässt das alles kalt. Und andere wiederum sehen darin einen Verlust. Ein weiterer Baustein des einmaligen Gefühls der Heimat geht damit flöten. „Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat“. Ein bisschen Aphorismus muß schon sein.