Vor einiger Zeit habe ich darauf hingewiesen, dass Deutschland und eine in sich ruhende, selbstbewußte, jederzeit und von jedermann nachvollziehbare Außenpolitik nicht ohne weiteres zusammenpassen. Deutschland tut sich schwer mit der Außenpolitik. Mit einer bruchlosen. Ein bruchloses außenpolitisches Handeln ist nur wenigen Nationen vergönnt.
Es gibt die Bundesrepublik seit knapp 70 Jahren. Es gehört seit sieben Jahrzehnten zu den außenpolitisch unverrückbaren Gesetzmäßigkeiten, dass es Nationen und Staaten gibt, zu denen Deutschland mehr als gute Beziehungen pflegen will und pflegen muß unabhängig von momentanen geopolitischen Konstellationen oder anderen eher kleinkarierten politischen Überlegungen.
Gesetzmäßigkeiten. In Relation gesetzt zu einem Menschenleben ändern sich soziale und politische Gesetzmäßigkeiten -wenn überhaupt – in einem trägen Rhythmus einer oft endlos scheinenden Zeitspanne.
Es gibt nur wenige Staaten zu denen sämtliche bundesdeutschen Kabinette in den letzten Jahrzehnten alles versucht und alles getan haben, um gute oder zumindest zufriedenstellende Beziehungen aufrecht zu erhalten. Dazu gehören aus jeweils unterschiedlichen historischen Gründen die USA, Russland, Frankreich, Israel und Polen. Die meisten Bundesregierungen sind obigen Anforderungen mehr als gerecht geworden, keiner der Kabinetten kann man grobe außenpolitisch-handwerkliche Verfehlungen vorwerfen.
Unserer jetzigen Kanzlerin und ihres Außenministeriums ist das gelungen, was andere gemieden haben wie der Teufel das Weihwasser: sich einzulassen auf Konfrontation mit nahezu allen diesen Staaten und Nationen, von Frankreich mal abgesehen. Man möge aber auf der Hut sein: der junge Mann aus dem Élysée-Palast hat die Katz noch lange nicht aus dem Sack gelassen.
Den Kreis jener, die vormals zu Deutschland standen im Guten wie im Bösen, und die sich nun von unserem Land abwenden, kann man leider mühelos erweitern. Österreich, Ungarn, und selbst die zur Zeit viel gescholtene Türkei sind Länder, deren Völker in den schwersten Stunden deutscher Geschichte dem deutschen Volke öffentlich – und wenn es nicht anders ging dann eben im geheimen – meistens die Stange hielten.
Um es mehr als klar zu stellen: hier steht die innenpolitische Situation in allen oben erwähnten Ländern nicht zur Debatte. Dazu kann man sich zustimmend oder ablehnend positionieren. Und es gäbe bei allen aufgeführten Staaten leidlich Ablehnungswürdiges. Aber nein, darum geht es nicht. Es geht um handfeste geopolitische Überlegungen, letztlich geht es um Verantwortungsethik versus Gesinnungsethik in außenpolitischen Belangen. Beispiel gefällig: das, was Gabriel kürzlich in Israel getan hat, war ein Paradebeispiel gesinnungsethischen Handelns par excellence. Wenn es um Beziehungen zu anderen Nationen geht, dann tappt deutsche Außenpolitik regelmäßig in die gleiche Falle der seltsamen von den anderen unverstandenen Alleingänge, die nicht selten auch noch an hehre moralischen Ansprüche gekoppelt sind und die letzten Endes die anderen vor den Kopf stoßen und vollends überfordern.
Ginge es um die Verschlechterung der Beziehungen lediglich zu einem oder zu zweien dieser oben erwähnten Nationen, man könnte darüber großzügig hinwegsehen und sie als politische Normalität zwischenstaatlicher Reibereien abtun. Zudem darf nicht unerwähnt bleiben, dass ganz grobe aussenpolitische Schnitzer keinem deutschen Politiker nachgewiesen werden können. Außerdem kann niemand Frau Merkels Erfahrung auf dem glitschigen weltpolitischen Parkett in Abrede stellen. Und trotzdem:
Es wird wohl kaum jemand, der bei Sinnen ist, behaupten können, dass bei gleich einem halben Dutzend Beispielen gegenwärtiger glückloser, spannungsgeladener Beziehungen zu eben diesen „auserwählten“ Nationen die Schuld an der Misere stets und ausschließlich bei den anderen zu suchen und auszumachen ist.