Nun ist Frankreich, Paris und Notre Dame in aller Munde.
Die Ursache der Katastrophe ist bis dato unbekannt. Auffällig ist die Reaktion der Welt: sie ist erschüttert, nahezu alle wollen sich am Wiederaufbau beteiligen.(Gauner mit eingeschlossen…). Diese Reaktionen lassen zumindest zwei Rückschlüsse zu:
Zum einen braucht der Mensch Symbole wie das tägliche Brot. Etwas bewundernswert Ideelles. Sinnstiftendes. Etwas, was der menschlichen Seele oft auf unerklärliche Weise sanft unter die Arme greift. Es ist nicht möglich, mit dem Gedanken zu leben, Notre Dame nicht wieder aufzubauen. Warum?
Zum anderen lernen wir wieder einmal, dass Menschen dann erst wirklich zusammenkommen und zusammenhalten, wenn sie eine Katastrophe erleiden. Erst dann verwischen sich augenblicklich jene Unterschiede, die unter friedlich-normalen Bedingungen das erträgliche alltägliche Zusammenleben so sehr erschweren.
Und da wären wir schon wieder: beim Zusammenleben in dieser Welt. Im Großen und im Kleinen.
Eigentlich hatte ich vor, über ein ganz anderes Thema zu schreiben, das ebenfalls mit unserem Nachbarn im Westen zu tun hat. Nun verbinde ich beide Themen miteinander auf die Gefahr hin, dass beide nichts anderes Gemeinsames aufzuweisen haben als den französischen Schauplatz.
Michel Houellebecq – enfant terrible der französischen Gegenwartsliteratur – hat einen neuen Roman vorgelegt. Vor nunmehr 3 Monaten.
Der Grundton ist wie immer der Degout, ein Ekel am Leben und an der jetzigen Welt mit ihrer unerträglichen Komplexität voller Fallstricke. Eben: das Zusammenleben. Ein Ekel am Lauf der Geschichte der westlichen Zivilisation, den nur Narren wie Donald Trump zu ändern versuchen. Die Schlacht der weltweit konkurrierenden nationalen Produktionsstätten kann das alternde Europa nicht gewinnen, das kleine Glück seiner Bürger bleibt unerreichbar.
Das ist des Franzosen Überzeugung. Jetzt und dort in Frankreich, demnach jetzt und bei uns zu Hause in Westeuropa.
Seine Vision ist kaum weniger düster als jene des von ihm geschätzten und zitierten Thomas Mann am Ende des „Zauberbergs“, als die europäische Kultur krachend zusammenbricht.
„Die Nacht hatte sich jetzt über die Landschaft gesenkt, Nacht ohne Ende, wer war ich, dass ich geglaubt hatte, etwas am Lauf der Welt ändern zu können.“